GIS-unterstützte Tourenplanung
in der Abfallwirtschaft
am Beispiel Wiens

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3. Grundlagen Geographischer Informationssysteme

3.1. Definition von Geographischen Informationssystemen

Für Geographische Informationssysteme (GIS) existieren je nach unterschiedlicher disziplinärer Perspektive eine Fülle von Definitionen, die jedoch alle ein GIS recht gut charakterisieren. Nach BARTELME (1995) werden GIS wie folgt definiert:

„Ein Geoinformationssystem dient der Erfassung, Speicherung, Analyse und Darstellung aller Daten, die einen Teil der Erdoberfläche und die darauf befindlichen technischen und administrativen Einrichtungen sowie geowissenschaftliche, ökonomische und ökologische Gegebenheiten beschreiben.“

Eine weitere Definition nach WILKINSON et al. (1986, zitiert nach SAURER, 1997) lautet folgendermaßen:

„A Geographic Information System (GIS) can be defined as a system containing a spatial database representing aspects of the cultural and physical environment of a particular geographic region together with procedures for analysing combinations of attributes and generating graphical or statistical products“.

GIS stellt somit eine Visualisierungsmöglichkeit für räumbezogene Daten dar. Für ein GIS sind sowohl die geometrischen Grundlagendaten als auch die zugehörigen Sachdaten von Bedeutung. Auf diese Punkte wird im Anschluß eingegangen.

Bereits Ende der 50iger Jahre begannen Entwicklungen, die später zur Entstehung von GIS führten. Damals entstand die Idee der rechnergestützten räumlichen Visualisierung von Daten. In den 60iger Jahren wurden erste Anwendungen der rechnergestützten Bildverarbeitung eingesetzt. Roger Tomlinson begann 1963 mit der Entwicklung des „Canada Geographic Information System (CGIS)“, welches als Pioniersystem gilt. 1965 entstand das Konzept der unabhängigen Datenebenen im „Harvard Laboratory for Computer Graphics and Spatial Analysis“. GIS war somit geboren.

Die Entwicklungen, die in Harvard getätigt wurden, gingen fast alle in der Firma ESRI und dem Produkt ARC/INFO auf, welche die erste GIS-Software entwickelte und auch heute noch Marktführer ist.

Nach BARTELME (1995) kann die Entwicklung von GIS in fünf teilweise überlappende Phasen eingeteilt werden:

3.2. Komponenten eines GIS

Ein GIS besteht aus folgenden Komponenten:

Zusätzlich zu diesen Komponenten ist ein hohes Maß an Know-How des Anwenders unbedingt erforderlich. GIS sind Expertensysteme, die Modellierungen und Analysen erfordern ein enormes Fachwissen, um zu korrekten Ergebnissen zukommen.

Zur Hardware zählen der Rechner und sein Betriebssystem sowie die Eingabe-und Ausgabegeräte. Eingabegeräte können Tastatur, Scanner, Digitalisiertisch, etc. sein, zu den Ausgabegeräten zählen der Bildschirm und die unterschiedlichen Drucker und Plotter.

Ein GIS kann grundsätzlich auf zweierlei Arten eingerichtet werden:

Bei einer Server/Client-Lösung liegen die Daten zentral auf einem Server mit sehr großer Speicher- und Rechenkapazität. Jeder Benutzer (Client) hat eine Netzverbindung zu diesem Server und greift dort auf die Daten zu, weiters werden die Rechenoperationen dort ausgeführt. Die Daten sowie das Programm können auch auf verschiedene Rechner verteilt sein. Die Kapazität des Servers muss entsprechend der Datenmenge und der Anzahl der Benutzer dimensioniert werden.

Bei der Stand-Alone-Ausführung sind die Daten und das Programm auf jedem einzelnen Computer vorhanden. Für die Auslegung der Kapazität gelten hier die jeweils aktuellen Standards.

Eine eindeutige Vorgabe für die Auslegung der beiden Systeme zu geben, ist an dieser Stelle sinnlos, da die Entwicklungen auf dem Computermarkt so schnell vor sich gehen, dass die Angaben schon nach kurzer Zeit veraltet wären.

Die meisten GIS laufen heute unter den Betriebssystemen Windows und UNIX.

GIS-Software wird von unterschiedlichen Herstellern angeboten, die bekanntesten sind ESRI, Intergraph und MapInfo. Diese brachten in den letzen Jahren zahlreiche Produkte auf den Markt, zu den bekanntesten zählen ArcInfo/ArcView, GeoMedia, MapInfo. Zusätzlich existieren zahlreiche Softwareprodukte und Module für spezielle Anwendungen.

3.3. Daten

Die Daten sind das Kernstück jedes GIS. Die Güte der Daten bestimmt auch die Güte des GIS und die Möglichkeiten der Analysen und Modellierungen.

Jedes GIS speichert Geometriedaten zur Orientierung im Raum und dazugehörige Sachdaten, die den Elementen im Raum spezifische Eigenschaften zuordnen.

3.3.1. Geometriedaten

Die Geometriedaten stellen räumliche Elemente dar und geben diesen durch eine Verknüpfung mit den Sachdaten thematische Inhalte. Sie geben Auskunft über die Lage der Elemente im Raum, aber auch über die Lage der Elemente zueinander (Nachbarschaftsbeziehungen). Geographische Daten sind meist vermessungstechnisch oder photogrammetrisch aufgenommene Daten, weiters Daten, die manuell (Digitalisieren) oder automatisch (Scannen) in das System eingegeben wurden (BARTELME, 1995). Grundsätzlich können geographische Daten entweder im Vektor- oder Rasterformat vorliegen.

Die Geometriedaten haben zueinander definierte Nachbarschaftsbeziehungen, die sogenannte Topologie. Die Topologie ist unabhängig von der geometrischen Form der Elemente, wichtig ist nur die gegenseitige Beziehung, in der die Element zueinander stehen. Ein U-Bahnplan für eine Großstadt ist z.B. meist nur topologisch richtig, aber nicht lagemäßig.

3.3.1.1. Vektordaten

Das Basiselement von Vektordaten ist ein Punkt, der über die Eingabe von kartesischen Koordinaten definiert wird. Ein Punkt wird dabei durch seine x- und y-Koordinate eindeutig im Raum definiert, gegebenenfalls kommt ein z-Wert für die Höhe hinzu. Eine Linie wird aus der Verbindung mehrerer Punkte gebildet, eine Fläche ergibt sich aus einem geschlossenen Linienzug (HAKE, GRÜNREICH, 1994) (siehe Abbildung 3.3.1.2.-1).

Punktförmige Elemente können – je nach Maßstab -Gebäude oder einzelstehende Bäume, etc. sein. Linienförmige Elemente sind Straßen, Gewässer etc., flächige Elemente sind geschlossene Waldflächen, Ackerflächen, etc.

Durch die Verbindung der Koordinaten mit den Sachdaten lassen sich den einzelnen Elementen Eigenschaften zuordnen. Z.B. kann ein Straßennetz in einem GIS verortet werden. Durch die Zuordnung von Sachdaten zu den einzelnen Straßenzügen können Eigenschaften definiert werden wie z.B. Rang der Straße (Bundesstraße, Landstraße, etc), Art der Straße (Autobahn, Schnellstraße, etc) usw. Diese unterschiedlichen Eigenschaften der Straßen lassen sich in thematischen Karten darstellen.

Vektordaten eigenen sich besser für die Darstellung diskreter und linienhafter Elemente (BARTELME, 1995).

Die wesentlichen Unterschiede zu Rasterdaten sind in Tabelle 3.3.1.2.-1 dargestellt.

3.3.1.2. Rasterdaten

Das Basiselement der Rasterdaten ist eine Fläche. Die gesamte Bildfläche wird durch einen feinen Raster in gleich große Flächenelemente (Zellen, Pixel) geteilt, wobei sich die Lage der jeweiligen Zellen durch das Abzählen der Spalten und Zeilen ergibt (HAKE, GRÜNREICH, 1994). Die räumliche Auflösung von Rasterdaten werden von der Größe der Pixel in Bezug auf die korrespondierenden Erddaten bestimmt.

Jedem Pixel kann ein Werte zugeordnet werden, der Sachverhalte repräsentiert. Diese Werte sind Eigenschaften zugeordnet, z.B. für Bodenbedeckung: Wert 1 für Wald, Wert 2 Für Wiese, etc.

Rasterdaten können kontinuierliche und flächige Phänomene besser darstellen (BARTELME, 1995), z.B. Klimadaten, Verbreitung von unterschiedlichen Pflanzenarten, etc. Weiters liegen gescannte Daten immer im Rasterformat vor, ebenso Satellitenbilddaten.

Vektordaten Rasterdaten
Datenstruktur komplexe Struktur
Abspeicherung von x-y-Koordinaten
einfache Struktur
Aufteilung in Reihen und Spalten
Nullpunkt untere linke Ecke obere linke Ecke
Auflösung/Genauigkeit präzise wird durch Pixelgröße bestimmt
Sachdaten jedes Element hat eine Verbindung zu den Sachdaten jede Zelle bekommt einen Wert zugeordnet
Nachbarschaftsbeziehungen (Topologie) einfach herzustellen schwierig herzustellen
Verschneidung komplexe Verarbeitungsalgorithmen, höherer Rechenaufwand einfach, durch Addition der Zellenwerte
Graphische Ausgabe traditionelles Kartenbild Qualität abhängig von der Pixelgröße, den Ausgangsdaten und dem Ausgabegerät
Anwendungsbereiche diskrete Objekte (Punkte, Linien, Flächen) kontinuierliche Phänomene

Tabelle 3.3.1.2.-1: Unterschiede zwischen Vektor- und Rasterdaten (nach ESRI, 1994)

Die meisten GIS sind jedoch hybride Systeme, das heißt, sie können sowohl Raster-als auch Vektordaten nebeneinander speichern und auch verarbeiten. Diese Funktionalität wird vor allem dahingehend genutzt, dass Rasterbilder oft als Hintergrundbilder (z.B. Satellitenbilder, Luftbilder, etc. ) zu Vektordaten verwendet werden, da Vektordaten zwar oft für Analysen vorteilhafter sind, jedoch wegen der spärlichen topographischen Anhaltspunkte keine ausreichende Orientierung im Raum zulassen.

Ob für eine Aufgabe Vektor- oder Rasterdaten verwendet werden, muss der Anwender individuell entscheiden.

3.3.2. Sachdaten

„Sachdaten sind die Grundlage für die Untersuchungen, Bewertungen und Prognose aller gesellschaftlicher und natürlicher Abläufe.“ (SAURER, 1997) Die Sachdaten sind spezifisch für die Objekte im Raum, sie werden den Geometriedaten hinzugefügt.

Liegen Vektordaten vor, erhält jedes geographische Objekt bei der Erstellung eine systeminterne, eindeutige Nummer. Über diese charakteristische Schlüsselnummer werden die Sachdaten zu den geographischen Objekten hinzugefügt (siehe auch Abbildung 3.3.2.-1). Sachdaten können direkt an die Geometriedaten angehängt werden oder nur temporär verknüpft werden. Sachdaten können Werte, aber auch Namen oder Bezeichnungen sein.


Abbildung 3.3.2.-1: Verknüpfung von Geometrie- mit Sachdaten bei Vektordaten (nach ESRI, 1994)

Bei Rasterdaten sind die Informationen über die einzelnen Pixel jeweils in einer Zeile gespeichert. Die Sachdaten werden in diesem Fall als weitere Spalten in der jeweiligen Wertetabelle hinzugefügt. Die Sachdaten sind in diesem Fall Werte, die jedoch unterschiedliche Eigenschaften repräsentieren können (siehe auch Abbildung 3.3.2.-2).


Abbildung 3.3.2.-2: Verknüpfung von Geometrie- mit Sachdaten bei Rasterdaten (nach ESRI, 1994)

3.3.3. Datenverwaltung

Die Daten in einem GIS werden über eine Datenbank organisiert. Dabei werden große Mengen an Daten zentral verwaltet, gewartet und gesichert. Datenbanksystem haben folgende Aufgaben bzw. Eigenschaften.

Um diese Aufgaben zu erfüllen, werden meist Datenbankmanagementsysteme (DBMS) eingesetzt. Ein Datenbanksystems ist grundsätzlich in drei Ebenen aufgebaut, was zu einem Dreischemata-Modell führt.

Jeder Anwender kann über sein Anwenderprogramm gesondert auf den Datenbestand zugreifen und die Daten für eine von ihm geforderte Fragestellung abfragen. Das hat vor allem den Vorteil, dass die Programme nicht geändert werden müssen, wenn die Struktur der Datenbank geändert wird.

Meist sind Datenbanken als relationale Datenbanken aufgebaut, es gibt aber auch hierarchische sowie objektorientierte Ansätze.

Bei einer relationalen Datenbank liegen die unterschiedlichen Informationen in mehreren Tabellen vor. Diese sind nicht von vornherein miteinander verknüpft, die Beziehungen (Relationen) lassen zum Zeitpunkt der Auswertung implizit über die Werte herstellen. Damit wird eine redundanzfreie Datenhaltung erreicht, die Tabellen sind voneinander unabhängig, jedoch lassen sie sich in beliebiger Form miteinander kombinieren (HAKE, GRÜNREICH, 1994). Wichtig bei relationalen Datenbanken ist die Schaffung eines eindeutigen Schlüssels, der den Daten zugeordnet wird. Über diesen Schlüssel werden Beziehungen zwischen den Daten definiert und die Relationen bei Abfragen hergestellt.

Folgende Beziehungen zwischen den Daten möglich:

3.3.4. Darstellung der Daten

In Verbindung mit den Geometriedaten werden die Sachdaten als unterschiedliche Themen in einem GIS dargestellt. Hier ist vor allem das sogenannte Layer-Konzept eines der verbreitetsten Darstellungskonzepte.

Beim Layer-Konzept wird ein und derselbe räumliche Ausschnitt pro Thema der Sachdaten in einem Layer dargestellt. Man kann sich Layer wie Folien vorstellen, die man entweder einzeln oder auch übereinander auflegen kann. In der Abbildung 3.3.4.-1 enthält ein Layer die Gebäude, ein weiterer Leitungen und ein dritter die Grundstücke. Alle drei Layer übereinandergelegt ergeben ein Bild der Situation vor Ort.

Ein wesentlicher Vorteil des Layerkonzeptes ist es, dass bei Analysen nur die für die Fragestellung geforderten Layer einbezogen werden. Die Analysen werden dadurch transparenter und einfacher. Bei der geometrischen Verschneidung zweier Layer entsteht eine neuer Ergebnislayer, der wieder separat bearbeitet werden kann. Bei Darstellungen kann man beliebig viele Layer auch nur als „Hintergrundbilder“ für eine bessere Orientierung (z.B. Gewässernetz, Straßennetz,.) anzeigen lassen.


Abbildung 3.3.4.-1: Layer eines Informationssystems (ESRI, 1995)

3.4. Funktionalität

Ein GIS besteht aber nicht nur aus den gespeicherten Daten, dem Benutzer werden auch eine Vielzahl an Methoden, Algorithmen und Funktionen zur Verfügung gestellt. Die Daten bilden somit nur die Basis für das GIS, sie sind nur aussagekräftig, wenn effiziente Werkzeuge zur Verfügung stehen, mit denen sie bearbeitet werden können (BARTELME, 1995).

Ein GIS eignet sich besonders für die Beantwortung von raumbezogenen Fragestellungen. Solche Fragestellungen können lauten:

Dabei kann das GIS die Argumentation durch Graphikunterstützung erleichtern, jedoch der Anwender muss die Problemstellung definieren und die Ergebnisse kritisch analysieren.

Folgende Funktionalitäten können in einem GIS genutzt werden:

3.5. Anwendungsmöglichkeiten

Anwendungsmöglichkeiten eines GIS sind grundsätzlich dort gegeben, wo räumliche Darstellungen und Analysen Problemlösungen unterstützen oder überhaupt erst möglich machen. Einige Anwendungsmöglichkeiten sollen in Folge hier aufgeführt werden.

3.6. Kosten eines GIS

Viele Laien auf dem Gebiet der GIS-Technologie lassen sich aufgrund der Systemkosten (Kosten für Hard- und Software) von der Anschaffung eines GIS abschrecken. Hier besteht der Irrglaube, dass die Investitionen für diese Anschaffungen die bedeutendsten Kosten für ein GIS ausmachen. Doch dies sind auf längere Zeit gesehen sogar die geringsten Kosten, da die Investition für das System nur einmal getätigt werden muss (siehe Abbildung 3.6.-1).


Abbildung 3.6.-1: Kosten eines GIS (CZERANKA, 1999)

Bedeutender sind vielmehr die Kosten für das Fachpersonal sowie für die Daten selber und die Datenhaltung. Ein GIS steht und fällt mit der Güte der verwendeten Daten. So kommt gerade der Datenpflege und dem Update der Daten eine große Bedeutung zu. Diese Kosten fallen laufend mit der Nutzung eines GIS an, da die Daten dauernd auf dem aktuellen Stand gehalten werden müssen.

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