GIS-unterstützte Tourenplanung
in der Abfallwirtschaft
am Beispiel Wiens

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4. GIS für die Tourenplanung in der Abfallwirtschaft

4.1. Allgemeine Tourenplanungsprobleme

DOMSCHKE (1990) schildert als grundlegendes Problem der Tourenplanung folgendes: „Eine Anzahl von Kunden, deren Bedarfe und Standorte bekannt sind, soll mit einer Anzahl von Fahrzeugen mit bestimmten Kapazitäten von einem Depot (z.B. Lager) aus mit einem bestimmten Gut beliefert werden. Welche Fahrten sind durchzuführen, damit unter Einhaltung bestimmter Nebenbedingungen (z.B. Kapazitäts-und Zeitrestriktionen) die Gesamttransportkosten minimiert werden?“

Für die unterschiedlichen Tourenplanungsprobleme können jedoch unterschiedliche Details vorliegen, z.B. kann es sich um ein Sammelproblem (z.B. Müllabfuhr), um ein kombiniertes Auslieferung- und Sammelproblem, um den Transport von Personen (z.B. Busse eines Werksverkehrs) oder auch um die Gestaltung der Wege von Kehrmaschinen handeln.

4.1.1. Definitionen

Ein Depot wird als ein Ort bezeichnet, an dem Auslieferungsfahrten oder Sammelfahrten beginnen und enden (DOMSCHKE, 1990). Liegt ein Eindepotproblem vor, so sind alle Fahrzeuge an einem Standort stationiert. Bei einem Mehrdepotproblem sind die Fahrzeuge auf mehrere Standorte aufgeteilt. Da es in der Abfallwirtschaft Wien mehrere Garage für die Sammelfahrzeuge gibt (siehe Kapitel 2.4.2.) liegt hier ein Mehrdepotproblem vor.

Eine Tour ist die Menge aller Kunden, die auf einer Rundfahrt, welche bei einem Depot anfängt und dort wieder aufhört, bedient werden. Die Reihenfolge, in der die Kunden bedient werden, wird als Route bezeichnet. Die zulässige Lösung eines Tourenplanungsproblems wird als Tourenplan bezeichnet. Ein Tourenplan ist somit die Menge von Touren und zugehörigen Routen, die alle Restriktionen des betrachteten Problems erfüllen (DOMSCHKE 1997, zitiert nach VOGT 1997).

In der Abfallwirtschaft werden weiters die Sammeltouren jedes Fahrzeuges, die topologisch innerhalb eines organisatorisch festgelegten Gebietes liegen, als Revier bezeichnet (OTTEN, 1997).

4.1.2. Lösungsansätze von Tourenproblemen

Hinsichtlich der Lösungsansätze lassen sich die Tourenplanungsprobleme in

unterteilen (VOGT 1997).

Knotenorientierte Probleme sind sogenannte Travelling Salesman Probleme. Ein Handlungsreisender muss auf seiner täglichen Tour alle Kunden genau einmal besuchen. Seine Tour ist so zu optimieren, dass der Weg und somit auch die Kosten minimal sind. Bei einem allgemeinen Travelling Salesman Problem liegen keine Restriktionen vor.

Kantenorientierte Probleme werden als sogenannte Chinese Postman Probleme bezeichnet. Ein Briefträger muss jeden Straßenzug (oftmals auch nach Straßenseiten getrennt) mindestens einmal durchlaufen, um in jedem Haus die Post ausliefern zu können. Bei allgemeinen Chinese Postman Problemen werden ebenfalls keine Restriktionen berücksichtigt.

Reale Probleme gestalten sich immer wesentlich komplexer als die beiden hier angeführten allgemeinen Probleme. Hinzu kommen zahlreiche Restriktionen, die bei der Tourenberechnung berücksichtigt werden müssen, wie z.B. Zeitrestriktionen (Zeitfenster), Kapazitätsrestriktionen und Fuhrparkrestriktionen.

Tourenplanungsprobleme in der Abfallwirtschaft können als knoten-oder kantenorientierte Probleme ausgebildet sein. Wenn die Behälter als Einzelstandplätze angesehen und auch so in der Berechnung gehandhabt werden, liegt ein knotenorientiertes Problem vor. Sind jedoch mehrere Behälter (wie z.B. bei der Restmüllsammlung) in einem Straßenzug zu entsorgen, so können diese Behälter dem jeweiligen Straßenzug zugeordnet werden. Der Straßenzug muss dann immer in einem für die Entsorgung der Behälter durchfahren werden, es liegt ein kantenorientiertes Problem vor. Mir scheint es jedoch sinnvoller, das Tourenplanungsproblem in der Abfallwirtschaft als knotenorientiertes Problem anzugehen, da so die einzelnen Standplätze mit den individuellen Entleerintervallen besser berücksichtigt werden können.

Das bedeutet, dass für die Probleme der Tourenplanung liegt ein exponentieller Rechenaufwand vor, der auch mit leistungsfähigen Computern in vernünftiger Zeit nicht gelöst werden kann. Um zu veranschaulichen, was das heißt, wurde von den Autoren Gary und Johnson (zitiert in VOGT, 1997) unter der Annahme, dass für die Ausführung eines Rechenschrittes eine Mikrosekunde benötigt wird, Zeiten angegeben, die ein Algorithmus für Probleme mit unterschiedlichen Größen benötigt, wenn dessen Rechenaufwand genau n, n², n³, n5, 2n bzw. 3 n beträgt (VOGT, 1997).


Tabelle 4.1.2.-1: Laufzeitverhalten von Algorithmen (VOGT, 1997)

Aus diesem Grund werden heuristische Verfahren für die Lösung von Tourenplanungsproblemen verwendet. Heuristische Verfahren können keine Garantie dafür bieten, dass eine optimale Lösung des betrachteten Problems gefunden wird bzw. dass eine gefundene Lösung als solche erkannt wird. Die mit heuristischen Methoden erzielbaren Lösungen werden als suboptimale Lösungen bezeichnet (VOGT, 1997). Heuristiken sind in vernünftiger Rechenzeit auszuführen und auch einfacher programmierbar als exakte Lösungen. Diese funktionieren im allgemeinen so, dass mit Hilfe eines Algorithmus eine Anfangslösung gefunden wird, die dann mit unterschiedlichen Verbesserungsverfahren weiter optimiert wird.

In jedem Tourenproblem sind zwei Teilprobleme miteinander verwoben: Die Zuordnung von Kunden zu einer Tour (dieses Problem wird auch als Clusterung bezeichnet) und die Reihenfolge der Kunden innerhalb der Tour. Diese Teilprobleme können entweder nacheinander (Sukzessivverfahren) oder nebeneinander (Parallelverfahren ) gelöst werden (siehe Tabelle 4.1.2.-2) (DOMSCHKE, 1990).

Sukzessivverfahren Parallelverfahren
I. Route first
cluster second
II. Cluster first
route second
III. Konstruktionsverfahren IV. Verbesserungsverfahren
vorwiegend für kantenorientierte Probleme vorwiegend für knotenorientierte Probleme (z.B. Sweep-Verfahren) z.B. Savings-Verfahren und Varianten z.B. Verallgemeinerungen von 2- oder 3 optimalen Verfahren
Kombinationen aus II und IV oder aus III und IV für knotenorientierte Probleme

Tabelle 4.1.2.-2: Heuristische Verfahren für Standardprobleme der Tourenplanung (DOMSCHKE, 1990)

Sukzessivverfahren können zuerst die Clusterung durchführen oder zuerst die Tourenreihenfolge planen. Wird zuerst die Tour gebildet, so liegt zuerst eine riesige Tour vor, die nachher je nach Restriktionen in kleinere Touren zerlegt wird. Dieses Verfahren wurde bislang vor allem für kantenorientierte Probleme verwendet. Wird zuerst die Clusterung durchgeführt, so werden zuerst die Kunden den Touren zugeordnet und dann für jede Tour die kürzeste Route ermittelt. Dieses Verfahren wird meist für knotenorientierte Verfahren eingesetzt (DOMSCHKE, 1990).

Parallelverfahren werden ebenfalls hauptsächlich für knotenorientierte Verfahren eingesetzt. Mit Konstruktionsverfahren werden Touren und Routen parallel entwickelt. Die bekanntesten Verfahren sind das Savings-Verfahren und das Sweep-Verfahren. Mit sogenannten Verbesserungsverfahren werden diese Touren und Routen anschließend optimiert. Am meisten gebräuchlich ist das 2-opt-und das 3-opt-Verfahren, deren Anwendung auch hintereinander empfohlen wird. Hier wird durch Veränderung der im Konstruktionsverfahren entstandenen Touren (durch Austausch von Knoten und Kanten) diese noch weiters optimiert. Zahlreiche weitere Ausführungen zu diesen Verfahren sind in der Literatur zu finden (DOMSCHKE, 1990, VOGT, 1997, NOVAK, 1999).

Neben diesen klassischen Verfahren zur Lösung von Tourenplanungsproblemen wurden auch moderne Verfahren entwickelt. Diese basieren auf unterschiedlichen Ansätzen und machen sich neueste technische Entwicklungen zu Nutze. So gibt es Verfahren auf Basis von Fuzzy-Logic, von Neuronalen Netzen, von genetischen Algorithmen etc. (NOVAK, 1999).

4.2. Zielsetzung eines Tourenplanungs-GIS

Die Ziele eines GIS-Einsatzes in der Tourenplanung als auch ganz allgemein als Planungsinstrument der Abfallwirtschaft können wie folgt definiert werden:

Vor dem Hintergrund dieser Zielsetzungen soll der Einsatz eines GIS allgemein in der Abfallwirtschaft sowie speziell in der Tourenplanung in diesem Kapitel am Beispiel Wiens ausgeführt werden.

Ebenso soll Kapitel 5 durch die Betrachtung konkreter auf dem Markt befindlichen Produkte für diese beantworten, ob und in welchem Ausmaß die obengenannten Ziele mit den Softwaretools erreicht werden können.

4.3. Datengrundlagen in Wien

Wie schon in Kapitel 3.3. näher ausgeführt, stellen die Daten das Kernstück jedes GIS dar. Für ein Tourenplanungssystem für die Abfallwirtschaft in Wien stellen einerseits die Daten aus der Behälter-und Streckendatenbank die Sachdaten dar, aber auch Geometriedaten sind in der Stadt Wien vorhanden. In diesem Kapitel soll genauer auf die Geometriedaten und die Verknüpfungsmöglichkeiten mit den Sachdaten eingegangen werden.

4.3.1. Adreßverortung

Die Adressen der Stadt Wien sind in den geometrischen Grundlagendaten als Punktbestand vorhanden. Das bedeutet, dass jeder Adresse eine x- und y-Koordinate zugeordnet ist.

An diese Adressen müssen jene aus der Behälterdatei als Sachdaten angehängt und somit im Raum verortet werden. Jede Adresse ist eindeutig durch fünf Einzelfelder definiert:

Die Adressen werden in einem Punktlayer verortet, das heißt, wenn man sich nur diesen Layer anzeigen läßt, dann sieht man eine Menge Punkte. Für die Benutzung der Adreßdaten ist daher unbedingt ein weiterer Layer erforderlich, der eine Orientierung möglich macht, z.B. die Blockdaten oder die Mehrzweckkarte.

In der Behälterdatei wird die jeweilige Adresse mit Hausnummer und Stiegennummer eingegeben. Die Hausnummer und Stiegennummer werden jedoch auch bei zweiteiligen Nummern nur in ein Feld eingegeben. Für eine Zuordnung in der Punktdatei der Adreßverortung müßten diese Daten somit immer getrennt werden. Eine weitere Möglichkeit ist ein einmaliges Trennen der Daten und ein Zufügen von zwei weiteren Felder jeweils für Hausnummer und Stiege, wo jeweils der zweite Teil der Nummer in Zukunft eingetragen wird. Die Daten für die Adresse sind in der Behälterdatei im Stammdatensatz Teil 1 eingetragen.

4.3.2. Räumliches Bezugssystem Wien (RBW)

4.3.2.1. RBW-Straßennetz

Das räumliche Bezugssystem Wien (RBW) repräsentiert die Straßenzüge der Stadt. Das RBW ist somit die Grundlage für alle Weg- und Netzberechnungen, die für eine Tourenplanung durchgeführt werden müssen.

Folgende Zusatzinformationen sind im RBW enthalten:

Folgende Zusatzinformationen fehlen noch im RBW:

Diese noch fehlenden Daten werden jedoch auf dem Markt von privaten Firmen, welche Autonavigationssysteme entwickeln und vertreiben, angeboten, wie z.B. von den Firmen Navtech, Teleatlas-Bosch, etc.

Das RBW wird derzeit in der Stadt Wien für die Berechnung von Radrouten eingesetzt und wäre somit auch als Datengrundlage für eine Tourenberechnung in der Abfallwirtschaft einsetzbar.

4.3.2.2. RBW-Blockstruktur

Die RBW-Blockstruktur stellt die Häuserblöcke in Wien dar und fungiert somit als Unterstützung für die Orientierung. Für jeden Block sind zudem statistische Daten hinterlegt, die für räumliche Analysen herangezogen werden können, für einige Nutzungskategorien sind auch die Nutzungen hinterlegt, so z.B. für Ärzte, Schulen, Apotheken, Bezirksämter, etc., wobei für eine Anwendung für die Abfallwirtschaft nur die Kennzeichnung der Schulen von Bedeutung ist. Diese Daten sind jedoch mit Vorsicht zu genießen, die Aktualität ist nicht immer gegeben.

Hilfreich für abfallwirtschaftliche Planungen können dagegen die statistischen Daten für jeden Baublock sein (siehe Kapitel 4.7.1). Diese enthalten Name, Gesamtbevölkerung, Wohnbevölkerung nach Altersklassen und Geschlecht, Lebensunterhalt, Bildung der Bevölkerung, Haushalt nach Größe, Anzahl der Arbeitsstätten, Wohnungen nach Kategorien, Gebäudenutzung und Beschäftigte nach Wirtschaftsklasse (Daten des ÖSTAT aus der Volkszählung 1991).

4.3.3. Mehrzweckkarte

Die Mehrzweckkarte in Raster- oder Vektorformat ist eine digitale Form der Stadtkarte von Wien, ein Kartenwerk, welches schon seit 1956 existiert. Die Stadtkarte von Wien liegt analog in einem Maßstab 1:2000 vor und wird auch in ihrer analogen Form im Magistrat der Stadt Wien umfangreich genutzt (siehe Abbildung 4.3.3.-1).

Der in Kapitel 2.5.2. erwähnte Feuerwehrplan der Stadt Wien, der für die Tourenplanung derzeit in der Abfallwirtschaft verwendet wird, ist ebenfalls ein abgeleitetes Produkt der Stadtkarte von Wien, ergänzt um die Standorte der Hydranten, deshalb als Feuerwehrplan bezeichnet

Seit den 80er Jahren wird die Stadtkarte im Magistrat digital erfaßt und aktuell gehalten. Die Erstellung der Mehrzweckkarte erfolgte mittels „Automatische Tachymeter“ sowie Luftbildauswertung.

Für ein Tourenplanungs-GIS hat die Mehrzweckkarte nur als Orientierungshilfe Bedeutung und kann anstelle der Baublöcke verwendet werden. Hier reicht die wesentlich kostengünstigere Rasterversion jedoch völlig aus.


Abbildung 4.3.3.-1: Ausschnitt der Raster-Mehrzweckkarte (BELADA, 1998)

4.3.4. Kosten für die Datengrundlagen

Für einen einmaligen Erwerb der einzelnen geometrischen Daten fallen auf dem freien Markt folgende Kosten an (die Daten sind wahrscheinlich magistratsintern ein wenig billiger, das Ausmaß darüber ist jedoch nicht vorhanden):

Bei einer Nutzung der RBW-Blockdaten für die Orientierung belaufen sich die Kosten für die für eine Tourenplanung erforderlichen Datengrundlagen auf rund 20.050 Euro Kosten für regelmäßig Updates der Daten sind mit der zuständigen Dienststelle des Magistrats zu vereinbaren.

Hier ist außerdem zu erwähnen, dass die MA48 - Abfallwirtschaft über ein Abonnement für die Blockdaten verfügt, hier waren im ersten Jahr 2.900 Euro entrichten, in den Folgejahren weitere 730 Euro für die Aktualisierung. Das Abonnement ist 10 Jahre gültig. Somit gibt es sehr wohl magistratsinterne Sonderregelungen, über die bei Bedarf noch genauere Informationen eingeholt werden müssen.

4.4. Funktionalitäten

Ein Tourenplanungs-GIS für die Abfallwirtschaft muss ein gewisses Maß an Mindestfunktionalitäten aufweisen, um einen sinnvollen Einsatz zu garantieren. Die wichtigsten dieser Funktionalitäten sollen in diesem Kapitel erläutert werden. Sie werden hierbei nur angerissen, für eine detaillierte Darstellung muss vor Anschaffung einer Software ein Pflichtenheft erstellt werden.

4.4.1. Stammdatenverwaltung

Unter Stammdatenverwaltung soll hier die Verwaltung der Behälterdaten verstanden werden. In der Abfallwirtschaft Wien werden diese derzeit in die Behälterdatei eingegeben und an die Streckendatei zur Verfügung gestellt (siehe Kapitel 2.5.1.). Die Kennwerte der Fahrzeuge werden derzeit vom Fuhrpark in Excel-Listen zur Verfügung gestellt.

Das derzeitig verwendete System übermittelt die Daten regelmäßig an die Buchhaltung, die wiederum den Liegenschaftseigentümern die Müllgebühren per Bescheid vorschreibt.

Derzeit gibt es jedoch mit der Behälter- und auch der Streckendatei immer wieder Probleme, so dass auch über eine komplette Neuanschaffung eines leistungsfähigen Systems nachgedacht werden sollte. Das derzeitige System kann weiters nicht als sehr benutzerfreundlich angesehen werden, Datenmanipulationen sind kompliziert gestaltet und die Fenster oftmalig unübersichtlich. Viele der derzeit auf dem Markt befindlichen Softwareprodukte beinhalten eine Stammdatenverwaltung inklusive Verrechnungsmöglichkeit. Bei einer Einführung eines Tourenplanungs-GIS könnte man diese Module mitverwenden. Auf eine funktionierende Schnittstelle mit der Buchhaltung muss jedoch unbedingt Rücksicht genommen werden.

Vor diesem Hintergrund gibt es für die Stammdatenverwaltung zwei Lösungsmöglichkeiten:

  1. Man behält die derzeitige Behälterdatei bei und gibt weiterhin dort die Stammdaten der Behälter ein. In diesem Fall muss eine Schnittstelle zum Tourenplanungs-GIS geschaffen werden, welche regelmäßig und fehlerfrei die Daten für ein Tourenplanungs-GIS zur Verfügung stellt. Die Schnittstelle muss genau und detailliert definiert werden.
  2. Man nutzt die Stammdatenverwaltung eines Softwareproduktes wie in Kapitel 5.2. beschrieben. Hier muss eine neue Schnittstelle zur Buchhaltung zwecks Verrechnung definiert werden. Die einmalige Übernahme der bestehenden Stammdaten in das neue System muss zusätzlich gewährleistet sein. Alle Softwarehersteller haben Schnittstellen zu externen Datenbanken in ihren Systemen zur Übernahme von Altdaten vorgesehen.

4.4.2. Nutzung des Layerprinzips

In einem GIS sind die unterschiedlichen Themen in unterschiedlichen Layern abgelegt (siehe Kapitel 3.3.4.). Dieses Prinzip kann auch für ein Tourenplanungs-GIS genutzt werden.

So sollten die Informationen zu den unterschiedlichen Fraktionen in unterschiedlichen Layern angelegt werden. Zusätzlich sollte ein Layer für alle öffentlichen Altstoffsammelinseln geschaffen werden oder Altstoffbehälter als zu Altstoffsammelinseln zugehörig gekennzeichnet werden. Für Behälter, die Teil einer Altstoffsammelinsel sind, könnte man z.B. eine eigene Signatur verwenden.

Als Signatur für die Behälter können farbige Punkte herangezogen werden, wobei diese in der Leitfarbe der jeweiligen Fraktion gestaltet sind, somit grau für Restmüll, rot für Altpapier, weiß für Weißglas, grün für Buntglas, gelb für Kunststoffe, blau für Metalle und braun für Biotonnen. Dieses System macht es für den Anwender einfach, die jeweilige Behälterart rasch zu identifizieren.

Je nach Bearbeitung können die verschiedenen Layer hinzugeschalten werden und immer nur die gewünschten Fraktionen auf dem Bildschirm dargestellt werden. So ist es für den Anwender ein leichtes, den Überblick zu behalten.

Abbildung 4.4.2.-1 zeigt einen Entwurf eines solchen Systems gestaltet nach dem Layerprinzip.


Abbildung 4.4.2.-1: Behälterdarstellung nach dem Layerprinzip (eigener Entwurf mit ArcView)

4.4.3. Informationen für den Disponenten

Bei der Erstellung von Touren ermittelt der Disponent stets Kennzahlen, die ihm eine Beurteilung der Größe und Auslastung der Tour ermöglichen (siehe Kapitel 2.5.2.). Folgende Kennzahlen müssen vom System bei einer Tourenplanung pro Tour und Tag automatisch zur Verfügung gestellt werden:

Für die Auslastung der Sammelfahrzeuge kann entweder das Gewicht (bei Erreichung der höchst zulässigen Nutzlast) oder das Volumen (bei sehr leichten Stoffen) ausschlaggebend sein. Deshalb müssen auf jeden Fall immer beide Werte berechnet werden. Die Bestimmung der Auslastung ist für die Tourenplanung eine wichtige Restriktion und bestimmt den Zeitpunkt, wo das Sammelfahrzeug zur Ableerstelle fahren muss.

Das Volumen kann einfach aus der Kombination von Behältervolumen und Anzahl errechnet werden. Wichtig ist jedoch nicht das Volumen im Behälter, sondern jenes im Sammelfahrzeug, da darüber bei einigen Fraktionen, vor allem bei Kunststoff, die Auslastung der Sammeltour bestimmt wird. Die meisten Sammelfahrzeuge weisen eine Verdichtung von rund 1:3 auf. Dieser Wert sollte jedoch für die einzelnen Fraktionen und Sammelfahrzeugtypen nochmals hinterfragt und dann im System für die Berechnung hinterlegt werden.

Für die Berechnung des zu erwartenden Gewichtes müssen durchschnittliche Dichtewerte für die einzelnen Fraktionen und Behältergrößen im System hinterlegt werden. In der MA48 sind aus den letzten Restmüll-und Altstoffanalysen statistisch gesehen relativ abgesicherte Werte für die Dichten vorhanden, die hier Verwendung finden können. Weiters sollte eine Eingabe der zu erwartenden Füllgrade nach Fraktionen getrennt möglich sein. Ein Erfahrungswert für die zu erwartenden Füllgrade der einzelnen Fraktionen liegt oftmals vor. Auch können zur Ermittlung der Werte empirische Untersuchungen durchgeführt werden.

Alle einzugebenden Parameter müssen auch flexibel während des Betriebes der Tourenplanungssoftware angepasst werden können, um geänderte Situationen voll berücksichtigen zu können. So muss eine Datenrückkoppelung möglich sein, das heißt, Daten, die im Laufe der Entleerungen erfasst werden, müssen zur Optimierung des Systems wieder in dasselbige eingespielt werden können.

4.4.4. Berücksichtigung der Restriktionen

Die in Kapitel 2.5.2. aufgezählten Restriktionen müssen bei der automatischen Tourenerstellung berücksichtigt werden. Eine Schwierigkeit hierbei wird sein, dass die Berücksichtigung der Restriktionen bei der analogen Planung derzeit auf Erfahrungen des Disponenten beruht und diese Daten nicht in digitaler Form vorliegen. Somit müssen eine Vielzahl der Daten erst in das System eingespielt bzw. eingegeben werden.

Im folgenden sollen die Restriktionen nochmals angeführt werden, jeweils mit dem Hinweis, in welcher Form Daten zur Berücksichtigung der Restriktionen vorliegen:

Schon diese Liste an Aufzählungen und zu erwartende Datenerhebungen und -eingaben machen den Arbeitsaufwand deutlich, der für eine sinnvolle Berücksichtigung der Restriktionen notwendig ist. Die automatische Berücksichtigung oder (bei Systemen ohne Algorithmus) zumindest der Hinweis des Systems bei Verletzung der Restriktionen sind jedoch einer der wesentlichen Vorteile bei GIS-unterstützten Tourenplanungssystemen, da hier der Disponent entscheidend entlastet wird, da „er ja nicht an alle Sachen gleichzeitig denken kann“.

4.4.5. Algorithmus der Tourenplanung

Für die automatische Tourenplanung werden mathematische Algorithmen, wie in Kapitel 4.1. beschrieben, verwendet. Der meist verwendetste Algorithmus ist der Savings-Algorithmus oder Modifikationen davon.

Entscheidend für den Tourenplanungsalgorithmus ist, dass er die Situation im Straßenverkehr möglichst realitätsnah abbildet, um ein gutes Ergebnis zu liefern. Dabei müssen alle Restriktionen und die spezifischen Ladezeiten berücksichtigt werden.

Für die Berechnung der Touren muss man verschiedene Parameter definieren können, nämlich welche Fraktionen und Behälterarten in die Planung mit einbezogen werden sollen, ob die Planung über das gesamte Stadtgebiet erfolgen soll oder ob vorher Reviere gebildet werden sollen. Alle diese Parameter sollen möglichst flexibel angepaßt werden können.

Gleichzeitig muss auch die Auslastung berücksichtigt werden. Je nach dem welche Art der Auslastung als erste erreicht wird, nämlich volums-oder gewichtsmäßige Auslastung, muss das System das Fahrzeug als ausgelastet melden. Auch eine Eingabe, wie viele Fuhren pro Tag (natürlich in Zusammenhang mit der Gesamtarbeitszeit) ein Fahrzeug durchführen soll, muss eingegeben werden können.

Eine wichtige Anforderung der automatischen Tourenplanung ist die Aufteilung der Behälter auf fünf unterschiedliche Tourentage, die aber alle die geforderten Restriktionen erfüllen müssen. Dabei müssen die Entleerintervalle der Behälter berücksichtigt und den Tourentagen zugeordnet werden (siehe auch Kapitel 4.4.4.). Dies ist sicherlich eine der komplexesten Aufgaben der automatischen Tourenplanung und bereitete z.B. in der Stadt Frankfurt (persönliche Auskünfte) erhebliche Probleme.

Natürlich muss das Programm auch die bestehenden Touren erweitern können, denn bei einer Änderung des Behälterstandes wird nicht immer sofort die gesamte Tour neu geplant.

4.4.6. Manuelle Eingriffe

Auch bei automatischen Tourenplanungsprogrammen, die mathematische Algorithmen verwenden, müssen händische Eingriffe des Disponenten in die fertiggestellten Touren möglich sein. Denn meist können die Touren nicht laut der automatischen Planung abgefahren werden, es müssen persönliche Erfahrungen des Personals zur Optimierung der Touren ergänzt werden. Das muss soweit gehen, dass die Touren auch komplett händisch erstellt werden können.

Die Tourenplanung muss in einem GIS sowohl als Reihenfolge in einer Behälterliste als auch graphisch dargestellt werden. Händische Änderungen und Korrekturen, die vom Disponent vorgenommen werden, sollen sowohl in der Liste als auch interaktiv in der Karte möglich sein. Die Änderungen müssen dann jeweils automatisch in das andere Medium übernommen werden.

Vor allem aber auch Änderungen in den Geometriedaten aufgrund von Erfahrungen, die das System nicht berücksichtigen kann, müssen vorgenommen werden können. Z.B. kann es vor allem in der Innenstadt der Fall sein, dass an gewissen Kreuzungen aufgrund von parkenden Autos ein Abbiegen für die doch sehr großen Müllsammelfahrzeuge nicht möglich ist. Hier muss es möglich sein, ein Abbiegeverbot zu vergeben und die Tourenplanung erneut vorzunehmen, wo dann diese neue Vorschrift berücksichtigt wird. Solche Änderungen müssen temporär oder auf Dauer definierbar sein.

Auch die Einbeziehung von Behältern, die noch keiner Strecke zugeordnet sind, auf eine Strecke muss interaktiv möglich sein. Dabei kann man sich z.B. die existierenden Strecken mit ihren Kenndaten zeigen lassen, zusätzlich alle Behälter, die noch keiner Strecke zugeordnet sind. Das System sollte dann vorschlagen, in welcher Strecke und an welcher Stelle (der Entleerreihenfolge nach) der Behälter am günstigsten eingefügt werden soll. Nach einer manuellen Überprüfung muss dann der Behälter über einen einfachen Algorithmus einer Strecke zugeordnet werden können.

4.4.7. Behälterinformationen

Die Behälterdaten werden in einem Tourenplanungs-GIS den Geometriedaten beigefügt. Somit stehen die Behälterdaten auch in der graphischen Darstellung dauernd zur Verfügung und können dort abgerufen werden.

Somit sollte ein Informationsmodus in der graphischen Darstellung unbedingt vorgesehen werden. Dies kann einfach funktionieren, indem man im GIS-System einen Info-Button programmiert. Wenn der Disponent diesen dann anklickt und anschließend auf einen von ihm ausgewählten Behälter, so öffnet sich ein sogenanntes Infofenster, welches die wichtigsten Behälterinformationen enthält. Die angezeigten Behälterinformationen sollten jenen entsprechen, die derzeit in der Streckendatei ausgewiesen werden (siehe Abbildung 2.5.1.2.-1), können aber auch jederzeit erweitert werden. Abbildung 4.4.7.-1 zeigt einen Entwurf, wie solch eine Behälterinformation aussehen könnte.


Abbildung 4.4.7.-1: Behälterinformation im graphischen Ausgabefenster (eigener Entwurf mit ArcView)

Vor allem in fertigen Softwarepaketen ist diese Funktion häufig nicht vorgesehen. Dort werden zur Reduzierung des Datenumfanges oftmals die Behälterdaten einem Straßenabschnitt zugeordnet und dann in der graphischen Ansicht auch nur die zu durchfahrenden Straßenabschnitte, aber nicht die Einzeltbehälter einer Tour dargestellt.

4.4.8. Auswertemöglichkeiten

Eine computerunterstützte Aufgabenbewältigung ist nicht zielführend, wenn nicht Auswertungen unterschiedlichster Art mit den im System enthaltenen Daten möglich sind.

Einerseits müssen aus den Stammdaten vielfältige Auswertungen ermöglicht werden. So gibt es zahlreiche Anfragen zu Behälterzahlen (pro Bezirk, pro Fraktion, etc.), aber auch Parameter der Touren müssen in Standardreports zur Verfügung stehen.

Diese Auswertungen müssen aber nicht nur im Programm selber zur Verfügung stehen, diese sollten flexibel in andere Programme (für Berechnungen meist Excel o.ä.) übernommen werden können (Exportfunktion), um weiterführende Berechnungen zu ermöglichen. Wenn Auswertungen nur ausgedruckt werden können, nutzen sie dem Betrieb nicht, da bei wechselnden Anforderungen oftmals diese Listen zum Auswerten wieder in andere Systeme eingetippt werden und so ein unsinniger zusätzlicher Arbeitsaufwand entsteht.

Am effizientesten ist es hierbei, vor der Einführung der Software, Auswertungen zu definieren, die im täglichen Betrieb benötigt werden. Das können einerseits Auswertungen für die Geschäftsleitung (ähnlich Controllingberichten) sein, andererseits Auswertungen, die aufgrund von Erfahrungswerten der Mitarbeiter oft von Seiten der Bürger oder anderer Aufgabenstellungen nachgefragt werden.

4.4.9. Weitere Funktionalitäten

Die Darstellung der Funktionalitäten erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, es sind hier nur die wichtigsten erläutert.

Zusätzliche Funktionalitäten, die jedoch nicht Teil eines Tourenplanungs-GIS sind, werden in Kapitel 4.7. ausführlicher behandelt.

4.5. Einführung eines Tourenplanungs-GIS in der Abfallwirtschaft

4.5.1. Projektmanagement

Die Dimension der Einführung eines Tourenplanungsprogrammes sollte in der Abfallwirtschaft nicht unterschätzt werden.

Die Einführung muss als Projekt abgearbeitet werden, um den Erfolg sicher zu stellen. Der Projektleiter koordiniert die Arbeiten und kontrolliert die zeitgerechten Arbeitsfortschritte und Ergebnisse. Dabei ist sicherzustellen, dass dem Projektleiter auch genügend Arbeitszeit neben seinen übrigen Tätigkeiten hierfür zur Verfügung steht.

Falls intern kein Projektverantwortlicher gefunden werden kann, kann auch die Beschäftigung eines externen Betraters in Betracht gezogen werden. Dieser bringt den Vorteil, dass er als Außenstehender oft anders auf Probleme zugeht und diese effizienter lösen kann, es besteht jedoch auch die Gefahr, dass er aus Unkenntnis der internen Gegebenheiten wichtige Gegebenheiten übersieht.

4.5.2. Implementierung

Die Einführung einer Tourenplanungssoftware kann in unterschiedliche Phasen eingeteilt werden (vgl. NOVAK, 1999).

Am Anfang steht immer die grundsätzliche Entscheidung, eine computerunterstützte Tourenplanung im Betrieb einzuführen.

4.5.2.1. Konzeption

Vor der Einführung muss die Geschäftsleitung Ziele definieren, die mit einem solchen System erreicht werden sollen. Weiters muss man sich Gedanken über die Auswirkungen der Einführung eines computergestützten Tourenplanungssystems machen.

So sollten vor allem folgende Fragen beantwortet werden (vgl. NOVAK, 1999):

Vor dem Hintergrund dieser Fragen muss ein Pflichtenheft ausgearbeitet werden. Dieses enthält alle Details über die Anforderungen und Programmfunktionalitäten. Bei der Erstellung eines Pflichtenheftes ist die vorliegende Arbeit als Hilfestellung gedacht. Das Pflichtenheft stellt die wichtigste Entscheidungsgrundlage für die endgültige Auswahl eines Systems dar.

4.5.2.2. Softwareauswahl

Das Pflichtenheft dient im nächsten Schritt für die Ausschreibung des Auftrages. Nach dem Einlangen von Angeboten der verschiedenen Anbieter von Tourenplanungssoftwareprodukten, wird eine Bewertung der Systeme anhand des Pflichtenheftes vorgenommen. Hier sind meist zahlreiche persönliche Gespräche mit den Herstellern notwendig, um sich ein umfassendes Bild von der Leistungsfähigkeit der einzelnen Produkte zu machen. In dieser Phase können auch Änderungen oder zusätzliche Programmierungen ausgehandelt werden. Hierbei soll grundsätzlich darauf geachtet werden, dass die Software den Anforderungen des Betriebes entspricht und nicht umgekehrt.

Am Ende dieser Phase soll die Entscheidung für eine spezifische Software und die Beauftragung des Anbieters stehen.

4.5.2.3. Installation/Betrieb

Nach der Beauftragung kann mit dem Einrichten der Hard- und Software laut Pflichtenheft begonnen werden. Die Datenaufbereitung und -bereitstellung (für detailliertere Ausführungen siehe Kapitel 4.5.3.) wird in dieser Phase durchgeführt. Es müssen weiters Schnittstellen zu anderen Systemen zum Datenimport und/oder -export definiert werden.

Vor der endgültigen Inbetriebnahme des Systems ist ein Testbetrieb vorzusehen, wo das alte und das neue System gleichzeitig in Betrieb sind. Um unnötige Kosten der Doppelerfassung zu vermeiden, muss diese Phase möglichst kurz gehalten werden. In dieser Phase ist jedoch ein aktiver Gebrauch des Systems unerläßlich, da gewöhnlich in Softwareprodukten Fehler nur während einer Nutzung aufgefunden werden können. Eine gewissenhafte und detaillierte Fehlerdokumentation ist eine wichtige Grundlage für eine Optimierung des Systems. Diese Optimierungen sind während und nach eines Testbetriebes vorzunehmen.

Ein wichtiger Punkt ist auch die gründliche Schulung der zukünftigen User. Schulungen müssen organisiert werden, dem User muss es die Möglichkeit geboten werden, während des Testbetriebes Fragen an den Anbieter zu richten. Ein Handbuch zum System erleichtert die Anwendung.

4.5.2.4. Nutzung

Während der endgültigen Nutzung werden die letzten Softwareanpassungen durchgeführt. Danach erfolgt eine routinemäßige Nutzung der Software im täglichen Betrieb.

Auch während längerer Nutzung sind Datenbereinigungen und -updates erforderlich. Der Aufwand für diese Tätigkeiten ist nicht zu unterschätzen.

Ich persönlich rate für die Nutzung einer computerunterstützten Software die Einstellung bzw. Freistellung (von anderen Tätigkeiten) eines Mitarbeiters vor, der nur die Aufgabe hat, einerseits gemeinsam mit dem Personal der Sammlung neue Touren zu planen, alte zu optimieren und andererseits die Daten aktuell zu halten. Nur so kann ein geregelter und effizienter Einsatz einer Tourenplanungssoftware gewährleistet werden.

Dieser Mitarbeiter könnte auch abfallwirtschaftliche Planungen mit Hilfe eines GIS-Systems, wie sie in Kapitel 4.7.1. beschrieben werden, durchführen.

Die meisten Softwarefirmen bieten auch regelmäßige Updates ihrer Systeme an. So bleibt man immer auf dem letzten Stand der Entwicklungen und wird nach einigen Jahren nicht mit der Neuanschaffung eines Systems konfrontiert, weil das derzeit verwendetet System veraltet ist.

4.5.3. Datenaufbereitung und -bereitstellung

Eine GIS-unterstützte Tourenplanung kann immer nur so gut sein, wie gut die Basisdaten sind.

Einerseits ist eine hohe Qualität der Geometriedaten notwendig. In Wien gibt es einen recht hohen Standard an Geometriedaten. Doch auch hier sind noch einige Informationen (z.B. Abbiegevorschriften) nicht enthalten, die für eine Tourenplanung notwendig sind (siehe Kapitel 4.3.).

Doch auch auf die Sachdaten muss ein großes Augenmerk gelegt werden. Hier müssen intern vor allem abfallwirtschaftliche Kennzahlen erhoben werden. Um wirklich eine hohe Qualität der Daten zu erreichen, ist oft ein hoher Arbeitsaufwand notwendig (siehe auch die unterschiedlichen Anwenderberichte in Kapitel 5). Dieser Arbeitsaufwand ist zeitlich und auch kostenmäßig unbedingt vorzusehen. Wenn man nicht bereit ist, in diese Phase intensiv zu investieren, wird die Tourenplanung immer unbefriedigend ausfallen.

Daten über die Dichte der einzelnen Materialien im Behälter oder in den Sammelfahrzeugen sind meist in den Betrieben vorhanden. Schwieriger stellt sich die Bestimmung des Zeitaufwandes für die Sammlung dar.

Zu diesem Thema beschreiben SCHNEIDER et al. (1996a) sehr detailliert eine Basisdatenerhebung vor der Einführung von GIS-unterstützten Tourenplanungsprogrammen.

Hierbei wurde eine Großstadt zunächst straßenweise in acht Siedlungsstrukturtypen gegliedert:

Anschließend wurden durch Begleitung möglichst vieler, wenn möglich sogar aller Touren die Ist-Daten ermittelt und in einem Tourendatenblatt aufgezeichnet. Dabei wurden Behälterzahl, Länge der Entsorgungsstrecke, die unterschiedlichen Fahrten (Leer-, Entsorgungsfahrten, etc.) sowie die Zeiten in den Straßenabschnitten erfaßt. Mit einer Videokamera wurden Siedlungsstruktur, Schüttzeit und Wartezeiten aufgezeichnet.

Aus diesen einzelnen Datenblättern wurden die zeitbezogenen Kennzahlen je Siedlungsstruktur, Behältergröße und Fraktion entwickelt. Die benötigte Sammelzeit wurde durch Multiplikation mit der entsprechenden Behälteranzahl ermittelt.

Mit diesen Daten wurde anschließend - unter Berücksichtigung von weiteren Restriktionen - eine Revier- und Tourenplanung durchgeführt, die in der Erstellung eines Abfuhrkalenders für das gesamte Entsorgungsgebiet mündete.

4.5.4. Akzeptanz

NOVAK (1999) nennt in seiner Arbeit zwei bedeutende Nachteile einer computerunterstützten Tourenplanung:

Um eine computerunterstützte Tourenplanung erfolgreich im Betrieb einzuführen, muss die Ablehnung der Mitarbeiter abgebaut und eine breite Akzeptanz erreicht werden. Ohne diese Akzeptanz wird das neue System nie vollständig effizient eingesetzt werden können.

Somit müssen schon in der Anfangsphase alle Betroffenen mit einbezogen werden. Vorhandene Erfahrungen müssen unbedingt in die Planungen eingebracht werden. Am besten ist es, die Anwender in das Kernteam des Projektes aufzunehmen. Man muss versuchen, die Anwender davon zu überzeugen, dass die Software Verbesserungen und Vereinfachungen im Betrieb bringen kann und keine weitere Hürde im Arbeitsalltag darstellt. Viele Mitarbeiter weigern sich von vorne herein, sich mit einem neuen Computersystem zu beschäftigen, weil es ihnen zu mühsam erscheint.

Ein Schwerpunkt muss deshalb auf eine gründliche Schulung der Mitarbeiter gelegt werden. So können sie in Ruhe das System und dessen Vorteile näher kennenlernen.

Oftmals stößt man nicht nur auf die Ablehnung der Anwender, als auch auf die der Arbeiter, die nach den neuen Tourenplänen die Behälter anfahren und entleeren müssen. Durch aktive Einbindung dieser Arbeiter in die Planung kann die Akzeptanz bei dieser Gruppe gesteigert werden und weiters die Ortskenntnis genutzt werden. Dies kann z.B. so erfolgen, dass die mit dem neuen System erstellten Tourenpläne den Arbeitern zur Kontrolle mitgegeben werden. Die von ihnen vorgeschlagenen Korrekturen werden dann in das System eingearbeitet.

4.5.5. Kosten versus Einsparungen

Bei der Anschaffung einer Tourenplanungssoftware ist anzumerken, dass zu den reinen Beschaffungskosten für das Programmpaket selber auch noch die Kosten für die Datenerfassung, die etwaigen Anpassungen des Systems und für das Projektmanagement bei der Einführung dazukommen. Diese daneben anfallenden Kosten können ohne weiteres die Höhe der Software selber erreichen (Bargl, zitiert nach NOVAK, 1999). Weiters verursacht der laufende Betrieb im Arbeitsalltag Kosten, da Personal bei der Tourenplanung eingesetzt und die Daten aktuell gehalten werden müssen.

In der Praxis amortisieren sich Tourenplanungsprogramme jedoch in weniger als zwei Jahren (Dück, zitiert nach NOVAK, 1999). Dabei kommt diese Amortisation nicht durch eine Verkürzung der Strecken, sondern durch Arbeitszeiteinsparungen und einer Verringerung der eingesetzten Fahrzeuge zustande (Herzog, zitiert nach NOVAK, 1999).

Bei einem Fuhrparkbetrieb fallen zwei unterschiedliche Arten von Kosten an:

„Bei möglichen Fuhrparkkostenersparnissen von 5-20% machen die Ersparnisse bei den variablen Fuhrparkkosten dabei nur einen geringen Anteil aus“ (NOVAK, 1999). Man muss hierzu natürlich bemerken, dass die Höhe der Einsparungen stark von der Ausgangssituation abhängt. Ist der Stand der EDV-mäßigen Verarbeitung der Daten schon relativ hoch, so werden geringere Einsparungen lukriert werden können.

Dabei beruhen die Ersparnisse bei den variablen Kosten meist auf weniger gefahrene Kilometer und damit verbunden weniger Kraftstoff-und Ölverbrauch sowie ein geringerer Verschleiß der Fahrzeuge.

Bedeutende Einsparungen können jedoch nur erreicht werden, wenn die fixen Kosten verringert werden können, was eine Verringerung von eingesetztem Personal und Fahrzeugen bedeutet. Im Falle der Abfallwirtschaft Wien würde das Personal natürlich nicht abgebaut werden. Jedoch besteht aufgrund der immer vielfältiger werdenden Aufgaben Personalmangel, so dass auf den optimierten Strecken eingespartes Personal in anderen Bereichen der Abfallwirtschaft Verwendung finden könnte (z.B. Übernahme von weiteren Altpapierstrecken von privaten Entsorgern)

Aber auch eine Einsparung an Überstunden würde eine enorme Kosteneinsparung mit sich bringen.

In der Abfallwirtschaft Wien würde schon die Einsparung einer einzigen Strecke von den derzeit in Betrieb befindlichen 266 Strecken rund 220.000 Euro pro Jahr an Einsparungen bringen. Nimmt man nun die Anschaffungskosten einer Tourenplanungssoftware mit rund 109.000 Euro und die Kosten der Einführung (Datenaufbereitung, Projektmanagement, etc.) ebenso hoch an, so würde sich ein solches System schon nach einem Jahr amortisieren.

Dazu kommen noch die Einsparungen von rund 50% des Arbeitsaufwandes bei der Planung selber, also rund 80 Stunden pro geplanter Strecke. Nimmt man nun an, dass pro Jahr im Schnitt rund sechs Strecken neu geplant werden (eher unterer Wert), dann ergibt sich daraus eine Gesamteinsparung von rund 480 Stunden bzw. 7.300 bis 10.900 Euro pro Jahr, das ist rund ein Viertel der Arbeitskapazität eines Mitarbeiters. Zusätzlich dazu müßte jedoch ein Mitarbeiter für die Bedienung und Datenwartung des Systems eingesetzt werden, der jedoch nicht mehr als 36.000 Euro pro Jahr kosten dürfte.

Weitere Einsparungen können bei einer Vereinfachung der Eingabe der Stammdaten erwartet werden.

4.6. Problemfelder

Bei der Einführung einer GIS-unterstützten Tourenplanung können sich jedoch auch einige Problemfelder ergeben. Einige, die offensichtlich sind, sollen an dieser Stelle kurz erläutert werden.

4.6.1. Softwareauswahl

Bei der Auswahl der Software müssen die Auswahlkriterien von der Geschäftsführung vorgegeben werden.

Dabei ist es schon in der Entscheidungsphase wichtig, sich zu überlegen, für welche Aufgaben man ein neues Softwareprodukt einsetzen will. Denn viele Tourenplanungsprogramme können nicht nur eine effiziente Tourenplanung durchführen, sondern stellen vielmehr umfassende Abfallwirtschaftssysteme dar, die auch andere Aufgaben in der täglichen Arbeit unterstützen können. Bei der Einführung einer Tourenplanungssoftware ist somit auch eine weiterführende Nutzung zu überlegen. Außerdem ist eine Anbindung an schon bestehende Systeme (z.B. Wiegesoftware) zu berücksichtigen.

Die Auswahlkriterien müssen objektiv mit Hilfe eines Pflichtenheftes kontrolliert werden. Oft erscheint ein Softwarepaket bei der Vorführung als das optimale System, doch bei der Nutzung werden nachträglich Defizite klar. Präsentationen von Softwareprodukten sind Werbeveranstaltungen. Man sollte sich hier nicht von seinen Zielen und den geforderten Funktionalitäten ablenken.

Können nicht alle geforderten Funktionalitäten mit auf dem Markt befindlichen Softwareprodukten abgedeckt werden, so führen die meisten Anbieter gegen Aufpreis (Verrechnung meist nach tatsächlichen Programmierstunden) sogenanntes Customizing durch. Dabei werden spezielle Module für die geforderten Aufgaben neu programmiert. Hier ist es vor allem wichtig, schon im Vorfeld genau die Anforderungen an zusätzliche Module und den Aufwand dazu abzustecken, um eine Kostenexplosion für die Programmierung zu vermeiden.

4.6.2. Personal

Wie schon in Kapitel 4.5.2.4. ausgeführt, sollte nach der Einführung eines Tourenplanungsprogrammes ein Verantwortlicher eingesetzt werden, der die Tourenplanung selber, die Auswertungen und Planungen sowie die Datenpflege übernimmt.

Leider wird immer wieder der Fehler gemacht, dass Mitarbeiter solche Aufgaben zusätzlich zu ihren schon bestehenden Tätigkeiten übernehmen müssen. Die Folge ist eine Demotivation der Mitarbeiter und daraus resultierend eine Verschlechterung ihrer Arbeitsleistung.

Ein Tourenplanungssystem ist ein Expertensystem, welches nur die gewünschten Ziele und Einsparungen erwirtschaften kann, wenn es durch qualifiziertes Personal im Rahmen des dafür benötigten zeitlichen Aufwand bedient wird.

4.6.3. Verbindung Geometrie- und Sachdaten

Vor allem bei diesem Punkt kann es in der Abfallwirtschaft Wien zu Komplikationen kommen. Vor einer Einführung einer Tourenplanungssoftware sind hier auf jeden Fall umfangreiche Tests zur Verknüpfung der Entsorgungsadressen mit den Geometriedaten durchzuführen.

Differenzen ergeben sich vor allem daraus, dass die Hausnummern und Stiegennummern in den Basisdaten der Abfallwirtschaft bei zweiteiligen Nummern in ein Feld geschrieben werden. In den Geometriedaten der Stadt Wien ist eine Zweiteilung dieser Nummern vorhanden (genauere Ausführungen siehe Kapitel 4.3.1.).

Eine weiterer Problempunkt ist die Verortung von Altstoffsammelinseln. Diese werden meist keinem Haus zugeordnet, sondern sind in den Stammdaten mit der Bezeichnung „vor“, „gegenüber“ oder „neben“ einer Hausnummer eingegeben. Diese könnten bei einer Verknüpfung der Sach- mit den Geometriedaten auch nicht automatisch zugeordnet werden, sondern müßten händisch verortet werden. Derzeit gibt es rund 3.000 Adressen dieser Art. Für spätere Ergänzungen müßte ein Algorithmus geschaffen werden, der bei einer Abfrage alle Adressen ausweist, die nicht automatische zugewiesen werden können und so nachbearbeitet werden müssen.

4.7. Nutzungen eines GIS in der Abfallwirtschaft über die Tourenplanung hinaus

Ein geographisches Informationssystem kann aber nicht nur in der Tourenplanung durch Wegeberechnungen und Visualisierung Unterstützung im Planungsprozeß in der Abfallwirtschaft bieten.

Sind erst einmal alle Stammdaten mit den Geometriedaten verbunden, dann läßt sich das System weiterführend für zahlreiche andere Anwendungen verwenden. Das wirklich Aufwendige in einem GIS-System ist nämlich das Einbinden der Daten, weiters die Verbindung der Sach- und Geometriedaten. Alle weiteren Analysen mit diesen Daten sind meist relativ einfach zu programmieren bzw. durchzuführen, können jedoch in der Praxis viel leisten. Schließlich müssen auch in der Abfallwirtschaft räumliche Planungen durchgeführt werden.

Die drei im Folgenden vorgestellten Anwendungen von GIS-Systemen in der Abfallwirtschaft sind noch recht wenig verbreitet. Doch gerade sie ermöglichen einen besonderen Fortschritt in der Planung und Optimierung von Sammelsystemen sowie beim Bürgerservice.

4.7.1. Strategische Planungen

Viele Kommunen und auch private Entsorger sind Sammler von Altstoffen als sogenannte Drittbeauftragte laut Verpackungsverordnung. Das bedeutet, diese Sammler sind für die Aufstellung, Reinigung und Entleerung der Altstoffbehälter zuständig. Die Auftraggeber sind die Branchenrecyclingfirmen der ARA (Altstoff Recycling Austria). Die gesammelten Altstoffe werden gesammelt, je nach Fraktion sortiert und laut Übereinkommen mit den Branchenrecyclingfirmen an die Verwerter geliefert.

Für diese Tätigkeiten handelten die Kommunen mit den Branchenrecyclingfirmen über die Abgeltung dieser Leistungen Verträge aus. Diese Verträge enthalten Vereinbarung über die Abgeltung von Behälteraufstellung, Behälterreinigung, etc. und natürlich die gesammelten Mengen.

Die Abfallwirtschaft Wien ist ebenfalls Sammelpartner der ARA und sieht sich im Rahmen dieser Aufgabe immer wieder Anforderungen seitens der Branchenrecyclingfirmen konfrontiert, welche eine Optimierung und Rationalisierung des Sammelsystems fordern.

Für diese Optimierungen des Systems ist bis heute kein leistungsfähiges Planungsinstrumentarium im Einsatz. Aufstellorte von Behältern können reduziert werden, wenn diese nicht ausgelastet oder ständig verschmutzt sind. Eine optimale räumliche Planung bzw. Aufteilung der Behälter fehlt gänzlich.

Hier könnten GIS-Systeme verstärkt eingesetzt werden. Nutzt man nämlich für eine Visualisierung der Behälterdaten die RBW-Blockstruktur (siehe Kapitel 4.3.2.2.), so können gleichzeitig die mitgelieferten demographische Daten für Planungen genutzt werden. Vor allem die Informationen über Gesamtbevölkerung, Haushalt nach Größe, Anzahl der Arbeitsstätten und Gebäudenutzung kann bei dieser Fragestellung interessant sein.

Mit dem GIS können zu allererst die Standplätze für die zu betrachtende Altstofffraktion visualisiert werden. Anschließend kann mit einfachen Analysefunktionen, die in jedem GIS möglich sind, Antworten auf folgende Fragen gefunden werden:

Vor allem die erste Frage ist für die vorher erwähnten Optimierungen ausschlaggebend. Die Branchenrecyclingfirmen geben oft eine Behälterdichte (Einwohner pro Standplatz) vor, welche mit den herkömmlichen Methoden gar nicht überprüft werden kann.

In einem GIS-System kann man einfach die Gebäude selektieren, die sich im Einzugsbereich einer frei gewählten Distanz befinden und addiert den gewählten Parameter, in diesem Fall die in den Gebäuden lebenden Personen.

Über ein GIS kann man auch Häufungen von Behältern leicht feststellen, ebenso mit Behältern unterversorgte Gebiete.

Auch Planungsspiele bei Änderung der Behälterstandplätze und deren Auswirkungen können hiermit durchgeführt werden.

Weiters kann dieses System z.B. mit Wiegeautos gekoppelt werden und so weitere Informationen über die Behälter gewonnen werden. Mit Wiegeautos werden das Gewicht und der Füllgrad der entleerten Behälter erfaßt. Diese können dann in die Stammdaten des Systems eingespielt werden. Über eine Klassifizierungsfunktion kann man im GIS die Behälter je nach Füllgrad unterschiedlich einfärben, z.B. bis ¼ voll mit rot, ¼ bis ½ voll mit orange, ½ bis ¾ voll mit gelb und ganz voll mit grün. So machen diese Signalfarben auf einen Blick deutlich, welche Behälter nicht ausgelastet sind. Bei Optimierungswünschen kann man so gezielt Standplätze auflösen, die von der Bevölkerung nicht in genügendem Ausmaß genutzt werden.

Natürlich sind auch weitere statistische Auswertungen mit diesen Daten möglich, vorausgesetzt, die Wiegedaten wurden öfters als einmal erfaßt. Es können z.B. Durchschnittsfüllgrad oder Häufigkeiten errechnet werden.

Auch andere Kennwerte können den Stammdaten beigefügt werden, z.B. Abfallzusammensetzungen aus Restmüll- und Altstoffanalysen. Diese kann man sinnvoll mit demographischen Kennzahlen verknüpfen und daraus neue Erkenntnisse zum Sammelverhalten der Bevölkerung gewinnen oder darauf aufbauend speziell für bestimmte Bevölkerungsgruppen abgestimmte Informationskampagnen starten.

4.7.2. Bürgerinformation

Die MA48 sieht sich auch als Servicestelle für den Bürger. Täglich werden duzende von Anfragen am Servicetelefon der MA48, dem sogenannten Misttelefon, gestellt, wo es um das Auffinden von nächstgelegenen Altstoffbehältern geht. Vor allem nach Standplatzänderungen finden viele Bürger nicht gleich die für ihren Wohnort optimale Altstoffsammelinsel.

Die Abfallberater, die die Anrufe am Misttelefon entgegennehmen, sehen sich oft mit diesen Anfragen überfordert. Diesen liegen nämlich nur die Datenbankeintragungen der Altstoffbehälter als Information vor. Doch um auf Listen den wirklich optimalen, das bedeutend einer Adresse nächsten Altstoffbehälterstandort, herauszufinden, muss man das Gebiet schon sehr gut kennen.

Somit werden solche Meldungen an das Behälterreferat weitergegeben, diese leiten dies ihrerseits wieder an die Außenbediensteten weiter, die ja täglich in ihrem Gebiet unterwegs sind und somit auch die Behälterstandorte gut kennen. Meist ruft dann der Außenbedienstete die Bürger an und teilt ihnen den nächsten Standort mit.

Über ein GIS lassen sich diese Anfragen relativ einfach lösen. Bei eintreffenden Anfragen kann eine Adressabfrage gestartet werden. Der Abfallberater muss dann nur Adresse und Hausnummer des anfragenden Bürgers in ein Abfragefenster eingeben. Dann kann das System von selber auf diese Adresse zoomen und alle Altstoffbehälter in einer gewünschten Entfernung zu dieser Adresse anzeigen. Die Art und Fraktion der Behälter sowie den Zoomkoeffizienten kann man dabei flexibel eingeben. So können dem Bürger die nächstgelegenen Standorte gleich am Telefon durchgegeben werden. Man sogar noch auf die speziellen Gewohnheiten des Bürgers eingehen, z.B. der nächste Altstoffbehälter auf dem täglichen Weg zur U-Bahn, beim nächsten Supermarkt usw.

Dieses Service kann aber nicht nur lokal auf Rechnern der MA48 ausgeführt werden, dieses Service könnte auch als Internetanwendung den Bürgern zur Nutzung angeboten werden. Einige Softwarepakete, die in Kapitel 5 näher erläutert werden, haben hierfür auch schon Lösungen entwickelt, z.B. das Programmodul Iglu-Info der Firma IVU.

4.7.3. Flottenmanagement

Auch die Koppelung eines GIS mit einem umfassenden Flottenmanagement kann Vorteile für den täglichen Betrieb bringen.

In einem Fuhrparkinformationssystem werden Daten betreffend Fahrzeug, Personal, Kunden und Touren erfaßt und verwaltet. Diese Daten können z.B. auf Bordcomputern erfaßt werden. Dabei handelt es sich um im Fahrzeug installierte Rechner mit kleinen Datenspeichern, sie können aber auch transportabel ausgestaltet sein. So können Ladezeiten, Pausenzeiten, Zwischenfahrzeiten, aber auch Störfälle auf dem Bordcomputer gespeichert werden und stehen anschließend für Tourenoptimierungen zur Verfügung.

Der Bordcomputer ersetzt die Fahrtenschreiberscheibe und stellt gleichzeitig ein Tourenprotokoll dar. Ein Bordcomputer ist vor allem für die Steuerung und den Einsatz des Fuhrparkes interessant, kann aber auch Kennzahlen für die Tourenplanung liefern.

Eine für die Abfallwirtschaft sinnvolle Anwendung stellt die Koppelung eines GIS mit einem Verortungssystem der Fahrzeuge über GPS dar.

Das Global Positioning System (GPS) wurde ab 1973 vom amerikanischen Verteidigungsministerium entwickelt. Die Positionsbestimmung beruht auf künstlichen Satelliten. Derzeit befinden sich 24 solche Satelliten seitens der USA im Weltraum, es gibt aber auch ein russisches System, ein weiteres, europäisches ist im Aufbau. Das Prinzip beruht auf Laufzeitmessungen der Signale vom Satelliten zum Empfänger. Über die gemessene Laufzeit wird auf die Distanz geschlossen. Für eine eindeutige Bestimmung der Lage im Raum ist der Empfang von Signalen von mindestens drei Satelliten erforderlich. Mehr Satelliten steigern die Qualität des Ergebnisses. Je nach verwendetem System kommt bei einer Messung mit einem GPS auf eine Lagegenauigkeit von 100m (herkömmliches Meßverfahren) bis auf 1m (Differentialmessung).

In einer Großstadt wie Wien gibt es vor allem in der Innenstadt Probleme beim Einsatz eines GPS, da die Empfänger, die am Auto angebracht werden müssen, aufgrund der engen Straßen und hohen Häuser kein Signal von den Satelliten empfangen können. Daher muss dieses System mit anderen Systemen zur Lagebestimmung gekoppelt werden. In der Autonavigation sind solche Systeme im Einsatz. Diese arbeiten mit einer Kombination mehrere Systeme, wo das GPS eines davon ist. Es besteht z.B. die Möglichkeit, die Räder abzugreifen, um die Geschwindigkeit und damit den zurückgelegten Weg zu bestimmen. Das Abbiegen wird durch ein Abgreifen des Lenkrades nachvollzogen, meist ist zusätzlich ein Kompaß im Einsatz.

Die Daten der Positionierung kann mittels GSM oder Datenfunk an die Zentrale in regelmäßigen Abständen gemeldet werden.

Wo liegt hierbei nun der Vorteil für die Abfallwirtschaft?

Vor allem die MA48 als Kommune muss immer flexibler auf Anforderungen von außen reagieren können. So werden z.B. die Restmüllsammelfahrzeuge auf Anforderung der beiden thermischen Verwertungsanlagen Flötzersteig und Spittelau zum Entleeren einer dieser beiden Anlagen zugeteilt. Derzeit geschieht dies aufgrund der Erfahrung des Disponenten über die geographische Nähe der Tour zu den beiden Anlagen. Manchmal kann es passieren, dass während eines Arbeitstages umdisponiert werden muss. Der Disponent muss eine Entscheidung treffen, welches Fahrzeug nun zur anderen Anlage oder gar zur Deponie fahren muss. Liegen Informationen vor, wo sich die Fahrzeuge gerade befinden, so läßt sich diese Entscheidung leichter treffen, das Ergebnis wird außerdem unnötige Wege sparen.

Weiters kommen oft Anrufe von Bürgern, dass deren Behälter - aus welchen Gründen auch immer -nicht entleert worden sind. In diesem Fall fährt ein Sammelfahrzeug der MA48 nachträglich zu dieser Adresse und entleert den Behälter. Auch hier kann eine Fahrzeugortung helfen, das der Adresse nächstbefindliche Fahrzeug herauszufinden und so den Behälter so kostengünstig wie möglich zu entleeren.

Eine Kosten-Nutzen-Analyse solcher Systeme müsste man sich jedoch vor deren Einführung noch genau ansehen.

GIS-unterstützte Tourenplanung
in der Abfallwirtschaft
am Beispiel Wiens

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